Autismus bei Kindern und Jugendlichen

Heute spricht man nicht mehr vom Autismus sondern von der sog. Autismus-Spektrum Störung. Der Begriff weist auf die Vorstellung hin, dass die typischen Symptome im sozialen und kommunikativen Verhalten in ihrer individuellen Ausprägung über eine große Spannbreite verteilt sind.

Das Verhalten von Kindern und Jugendlichen mit „Autismus Spektrum Störung“ kann also von leichteren Verhaltensproblemen an der Grenze zur Unauffälligkeit (oft als „Schüchternheit“ verkannt) bis hin zur schweren Beeinträchtigung im Beziehungsverhalten mit heftigen Wutausbrüchen in unbekannten Situationen reichen. Jedoch sind längst nicht alle Kinder, die vereinzelte für Autismus typische Verhaltensweisen zeigen, diagnostisch auch so einzuordnen.

Glücklicherweise gibt es zur Diagnostizierung inzwischen ein streng standardisiertes Verfahren aus Elternfragebögen und standardisierter Spielbeobachtung, dessen fachgerechte Anwendung und Auswertung zwar aufwendig ist, jedoch Fehler bei Stellung der Diagnose nahezu ausschließt. Die Kosten für die Diagnostik werden -wie auch in allen anderen Bereichen der kinder-und jugendpsychiatrischen Erkrankungen- von Ihrer Krankenversicherung übernommen.

Die Ursache für das Auftreten des Autismus ist letztlich immer noch ungeklärt, man geht aber auch von einer deutlichen genetischen Veranlagung aus.

Was unterscheidet ein autistisches Kind von anderen Kindern?

Autistische Kinder sind in ihrem Wahrnehmungsverhalten bzw. in der Verarbeitung von Reizen aus ihrer Umgebung grundsätzlich beeinträchtigt, weshalb der Autismus zu den sog. „tiefgreifenden Entwicklungsstörungen gezählt wird.
Man geht davon aus, das die Betroffenen nicht- wie andere Kinder- über ein angeborenes „inneres Programm“ verfügen, mit dessen Hilfe sie Andere emotional verstehen können. Es fehlt ihnen häufig die Möglichkeit, aus Mimik und Gestik ihrer Bezugspersonen wichtige Informationen über dessen Gestimmtheit abzuleiten, mit anderen Situationen zu verknüpfen und entsprechend der Vorerfahrungen zu antworten. So werden autistische Säuglinge ggf. auch auf das Lächeln der Mutter nicht antworten, sondern möglicherweise ihr Gesicht abwenden.
Da autistische Kinder aufgrund dieser Verarbeitungsstörung nur sehr eingeschränkt aus sozialen Erfahrungen lernen können ist es ihnen weder möglich, sich in Andere hineinzuversetzen noch können sie neue Situationen mittels „improvisieren“ locker meistern.

Die spontane Gestaltung neuer Beziehungen und unbekannter Situationen an fremden Orten ist in der Regel eine Überforderung für die Kinder. Das Fremde bleibt bedrohlich und führt zu hoher Anspannung und Angst. An die engsten Bezugspersonen sind die Kinder jedoch meist intensiv gebunden.

Warum ist es so wichtig, möglichst frühzeitig die Diagnose zu stellen?

Zwar sind die Autismus-Spektrum Störungen nicht grundsätzlich „heilbar“. Die Kinder können jedoch durch inzwischen speziell für diesen Bereich  entwickelte Therapien einen nicht geringen Teil dessen erlernen und trainieren, was ihnen an „innerem Programm“ nicht gegeben war.
Je früher die Therapien einsetzen desto bessere Erfahrungen können die Kinder in ihrer Umwelt machen und desto wahrscheinlicher wird eine gute Integration in Kita, Schule und späterer Ausbildung. Die Lebensqualität und die Chance zu einem selbstbestimmten Leben werden dann durchaus gut sein.

Im schulischen oder auch Ausbildungsrahmen können bei sicher gestellter Diagnose sog. „Nachteilsausgleiche“ beantragt werden, so dass bei Bewertungen in Form von Noten das Handycap der Betroffenen berücksichtigt wird.

weiterführende Links:

www.autismus.de
www.dersteg.de
www.aspies.de

Literatur:

Girsberger , T., Die vielen Farben des Autismus: Spektrum, Ursachen, Diagnose, Therapie und Beratung (2018)
Freitag, Ch. M., et al., Autismus-Spektrum-Störungen (Leitfaden Kinder- und Jugendpsychotherapie) (2017)
Cholemkery, H., et al., Ratgeber Autismus-Spektrum-Störungen: Informationen für Betroffene, Eltern, Lehrer und Erzieher (2017)
Attwood, T., Das Asperger-Syndrom: Das erfolgreiche Praxis-Handbuch für Eltern und Therapeuten (2016)

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